Mittelpunkt - Newsletterausgabe Juni 2022

Liebe*r Leser*in,

in den vergangenen Wochen hat sich einiges getan: die Aktionswoche Alkohol fand im Mai bundesweit und größtenteils mit Präsenzveranstaltungen statt, immer mehr Tagungen fanden und finden ebenso wieder Face-to-Face statt und auch wir planen unsere Jahrestagung im November 2022 in Präsenz. Insbesondere suchtpolitisch ist einiges in Bewegung: Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Themen wie regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene, Drug-Checking oder die Folgen der Corona-Krise auf unser Konsum- und Suchtverhalten diskutiert werden.
Ich freue mich Ihnen, rechtzeitig bevor es für viele in die wohlverdiente Sommerpause geht, mit der 22. Ausgabe von Mittelpunkt aktuelle Informationen zu den Entwicklungen im Suchthilfesystem, Projekten, Materialien und Veranstaltungshinweise in Hamburg und darüber hinaus zur Verfügung stellen zu können und wünsche anregende Lektüre.

Mit freundlichem Gruß

Christiane Lieb

Geschäftsführerin SUCHT.HAMBURG

Aktionswoche Alkohol 2022 in Hamburg – Kinderbuchlesung „Dani und die Dosenmonster“

Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche Alkohol fand am 16. Mai 2022 unsere Kinderbuchlesung „Dani und die Dosenmonster in Kooperation mit den Bücherhallen Hamburg in der Zentralbibliothek am Hühnerposten statt. Die Autorin Paula Kuitunen las aus ihrem Buch „Dani und die Dosenmonster“: Als Danis Papa arbeitslos wird, ziehen kurz darauf komische Gestalten in die Wohnung ein: Dosenmonster. Je mehr Papa trinkt, desto mehr fehlt ihm die Energie, sich um seinen Sohn zu kümmern. So sehr Dani sich auch bemüht – alleine schafft er es nicht, die Dosenmonster zu vertreiben. Zum Glück weiß Tante Julia, was zu tun ist, so die Geschichte von Danis Familie.
Im Anschluss an die Lesung gab es zahlreiche Fragen an die Autorin und es fand ein reger Austausch zur Thematik Suchtbelastung in der Familie statt. Zusätzlich waren Kolleg*innen der Einrichtungen Kompaß – Beratung für Kinder und Jugendliche alkoholabhängiger Eltern und Such(t)- und Wendepunkt e.V. vor Ort und informierten über ihre Unterstützungsangebote für alkoholbelastete Familien in Hamburg.

Zahl der Alkoholvergiftungen in Deutschland deutlich gesunken

Die Zahl der Patient*innen, die in den deutschen Krankenhäusern wegen einer akuten Alkoholintoxikation vollstationär behandelt werden mussten, ist im Corona-Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen. Das gilt sowohl für Hamburg (-24,0%) als auch auf der Bundesebene (-23,8%). Laut Krankenhausdiagnosestatistik des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind es vor allem die 10- bis unter 20-jährigen, die in Folge eines exzessiven Alkoholkonsums in den Kliniken eingeliefert werden.
Um die in den Krankenhäusern behandelten Fallzahlen zu den alkoholintoxikierten Patient*innen nach Berichtsjahr, Alter, Geschlecht und Wohnsitz in Deutschland sinnvoll miteinander vergleichen und interpretieren zu können, werden sie durch das Statistische Bundesamt auf die Referenzgröße von je 100.000 Einwohner*innen der jeweiligen Subgruppen heruntergebrochen. In der Gesamtschau dieser Daten, die nunmehr bis einschließlich 2020 vorliegen, ergibt sich folgendes Lagebild: Das Problem des übermäßigen Alkoholkonsums, infolge dessen eine vollstationäre Behandlung im Krankenhaus notwendig wird, ist vor allem ein Phänomen, das bei 15- bis 19-jährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu beobachten ist. Innerhalb dieser Altersgruppe stechen besonders die 16- bis 17-Jährigen hervor: Sie sind diejenigen, die am häufigsten wegen einer akuten Alkoholvergiftung vollstationär behandelt werden müssen. Unabhängig vom Alter der alkoholintoxikierten Jugendlichen ist der überwiegende Teil von ihnen männlichen Geschlechts.
In 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie, sind die Patient*innenzahlen unabhängig vom Alter, Geschlecht und Wohnsitz der Betroffenen nochmals deutlich zurückgegangen. Dass allerdings die Zahlen in der Corona-Pandemie besonders bei den Jugendlichen stark rückläufig sind, zeigt einmal mehr, dass das von ihnen praktizierte Experimentierverhalten in Bezug auf den Umgang mit Alkohol überwiegend in der Peergroup erfolgt. Durch die teilweise sehr weitreichenden Kontaktbeschränkungen als Schutzmaßnahme gegen die Ausweitung der Corona-Pandemie waren auch die Gelegenheiten des gemeinschaftlich exzessiven Alkoholkonsums für die Jugendlichen sehr stark eingeschränkt, so dass sich damit das Risiko einer Alkoholvergiftung systematisch verringerte. Ein allgemeiner Anstieg der Alkoholintoxikationen ist nach Ende der coronabedingten Kontakteinschränkungen nicht auszuschließen. Die Auswertung der akuten Alkoholintoxikation, die vollstationär behandelt werden müssen finden sich unter www.sucht-hamburg.de/information/publikationen.

Gemeinsames Positionspapier „Suchtprävention in Krisenzeiten“

Die suchtmedizinischen Fachgesellschaften und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) fordern im Positionspapier „Handeln jetzt! Akute Krisen sind Zeiten von Suchtprävention, Beratung und Therapie – um langfristige Folgen zu mindern“, dass Suchtprävention, Selbsthilfe, Beratung und effektive Behandlung trotz aktueller finanzieller Herausforderung für Kommunen, Länder und Bund gestärkt werden müssen. Keinesfalls dürften Einsparungen in öffentlichen Haushalten dazu führen, dass Angebote für Menschen mit Suchtproblemen zurückgefahren oder eingestellt werden müssten, so die Fachgesellschaften.
Hintergrund des Positionspapiers ist zudem, dass in gesellschaftlichen und individuellen Krisenlagen davon ausgegangen werden muss, dass bestimmte, oft besonders betroffene Bevölkerungsgruppen, ihren Suchtmittel-, Glücksspiel- oder digitalen Medienkonsum erhöhen. Ohne Beratung in einem frühen Stadium und Therapie muss mit einer Entwicklung und Chronifizierung von Sucht- und Folgeerkrankungen gerechnet werden, die zu massiven medizinischen, psychosozialen und volkswirtschaftlichen Folgen führen. Neben der dringenden Notwendigkeit, Menschen in der Krise in Bezug auf psychosoziale Gesundheit, Arbeit, Unterbringung und Integration zu unterstützen, werden drei zentrale Forderungen gestellt:

  1. Umsetzung wirksamer präventiver Angebote die verhindern, dass Menschen in der aktuellen Krise vermehrt oder schädlich Substanzkonsum betreiben oder Verhaltenssüchte entwickeln.
  2. Vorhalten niedrigschwelliger Angebote zur frühen Beratung und Maßnahmen, die Veränderungen im Verhalten identifizieren lassen und passgenaue Hilfen in einem Frühstadium oder nach einer erfolgten Therapie anbieten. Die Kommunen müssen finanziell in die Lage versetzt werden, die o.g. Angebote durchführen und sicherstellen zu können.
  3. Einsatz therapeutischer Maßnahmen, die effektive Hilfe bei neu auftretenden Suchterkrankungen ermöglichen, Verschlechterungen verhindern und Rückfällen vorbeugen.

Quelle und weitere Informationen https://suchthilfe.de/stellungnahmen/04-05-2022-gemeinsames-positionspapier-der-suchtmedizinischen-fachgesellschaften-und-der-dhs-handeln-jetzt-suchtpraevention-in-krisenzeiten/

Weitere Neuigkeiten und Materialien

Lina-Net-Jahrestreffen 2022

Am 21. September findet von 14.00 bis 17.00 Uhr das nächste Lina-net-Jahrestreffen statt. Die Lina-net-Kooperationspartner*innen sind dieses Jahr zu Gast bei Such(t)- und Wendepunkt e.V. (www.suchtundwendepunkt.de). Diese Einrichtung bietet hamburgweit vielfältige Unterstützungsangebote für alkoholbelastete Familien an. Beim Jahrestreffen wird das Team von Such(t)- und Wendepunkt seine Arbeit vorstellen. Daneben ist Zeit für Austausch und Vernetzung. Anmeldemöglichkeiten finden sich auf der Fortbildungswiese unter www.suchtpraevention-fortbildung.de/veranstaltung/1000.

Das vierte Jahr infolge ist die Zahl der an Drogen verstorbenen Menschen angestiegen

In 2021 starben 1.826 Menschen am Konsum oder den Folgen des Konsums von illegalen Drogen und damit ca. 15% mehr Menschen, als im Jahr 2020. Haupttodesursachen waren der Gebrauch von Heroin und anderen Opioiden alleine oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert nannte die Zahlen „schockierend“. Ein „Weiter so“ in der deutschen Drogenpolitik sei nicht möglich. Hilfe, Behandlung und Beratung müssten schneller und direkter bei den Menschen ankommen. (Quelle: https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/presse/detail/1826-maenner-und-frauen-in-deutschland-2021-an-illegalen-drogen-verstorben-zahl-erneut-gestiegen/)

Jahrbuch Sucht 2022 ist erschienen

Am 26. April ist das Jahrbuch Sucht 2022 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. erschienen. Neben der umfassenden Datensammlung, -aufbereitung, -analyse und -interpretation zur Epidemiologie und Behandlung von Suchterkrankungen befasst sich die aktuelle Ausgabe des jährlich erscheinenden Standardwerks unter anderem mit Sucht und Suchtmittelkonsum unter Corona-Bedingungen. Mehr Informationen

NALtrain

Im Rahmen des Projekts NALtrain (Naloxon-Training) konnten trotz der Einschränkungen durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in inzwischen 15 Trainings ca. 185 Mitarbeitende aus ca. 60 Einrichtungen qualifiziert werden. In den Trainings werden Mitarbeiter*innen der Einrichtungen ausgebildet, die dann als Multiplikator*innen in ihren Einrichtungen Schulungen für Klient*innen und Kolleg*innen durchführen.
NALtrain wird auch in Haftanstalten angeboten: In Nordrhein-Westfalen startet ein Modellprojekt in fünf Haftanstalten (inkl. Mitgabe von Naloxon bei Haftentlassung). In Baden-Württemberg wird ebenfalls mit Trainings in JVAs begonnen und in Bayern sollen die JVAs Take-Home-Naloxon-Trainings anbieten und Naloxon – Mitgabe ermöglichen. Trainings in Haft können sowohl durch Personal der JVAs durchgeführt werden, als auch durch externe Suchtberatungsstellen. Quelle und mehr Informationen unter www.naloxontraining.de

Cannabis in der Schwangerschaft stört emotionale Entwicklung des Kindes

Mit der Legalisierung von Cannabis in den USA hat der Cannabiskonsum in der Schwangerschaft deutlich zugenommen. In einer Studie konnte nun festgestellt werden, dass die Kinder von Frauen, die während der Schwangerschaft Cannabis rauchten, im Alter von drei bis sechs Jahren häufiger ein ängstliches Verhalten aufwiesen, was den Autor*innen der Studie zufolge möglicherweise Folge eines erhöhten Stresshormonlevels ist. Die Kinder der Frauen, die Cannabis während der Schwangerschaft konsumiert haben, wiesen erhöhte Cortisolkonzentrationen in den Haarproben auf, was ein Hinweis auf ein erhöhtes Stresslevel ist.
Cannabis wird von schwangeren Frauen z.T. als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen in der Frühschwangerschaft genutzt. Dabei ahnen die Frauen häufig nicht, das Tetrahydrocannabinol (THC) über die Plazenta in den Kreislauf des Kindes gelangt.
Link zum Forschungsbeitrag: https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2106115118

Elternratgeber Digitale Medien und Pubertät

Um Eltern bei Fragen rund um das Thema digitale Medien und Pubertät zu unterstützen, hat SUCHT.HAMBURG in Kooperation mit der Landesvertretung Hamburg der Techniker Krankenkasse den Elternratgeber „Digitale Medien und Pubertät“ entwickelt. Er gibt einen Einblick in die digitale Lebenswelt von Jugendlichen, weist auf Warnsignale bei Kindern und Jugendlichen hin und zeigt Eltern, ab wann die Mediennutzung zum Problem wird. Daneben gibt der Ratgeber auch praktische Tipps für den Familienalltag an die Hand und unterstützt sie bei der Medienerziehung zuhause. Der neue Ratgeber ist in unserem Webshop abrufbar.

 Ausgewählte Fortbildungsangebote in Hamburg

Konsum 3.0 - Images von Alkohol und illegalen Drogen im Internet. Webseminar am 13. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Grundlagen der Suchtprävention I – Basis-Webseminar am 16. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Schöner, schlanker, selbstbewusster - Selbstoptimierung von jungen Frauen in sozialen Medien. Webseminar am 22. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Motivational Interviewing - Schlüssel zur Entwicklung von Veränderungsbereitschaft und Commitment am 30. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Eigenständig werden: Unterrichtsprogramm für die Jahrgangsstufen 5 und 6 am 24. August Mehr Informationen und Anmeldung

Termine

Suchttherapietage „Warum erreichen wir die Zielgruppen nicht: Unpassende Angebote oder Krankheitsimmanent?“ online vom 7. bis 9. Juni 2022 Mehr Informationen

3. Suchtkongress des Fachverband Sucht vom 22. bis 24. Juni 2022 in Münster: „Suchttherapie am Puls der Zeit“ – Konsumformen und Behandlungspfade im Wandel. Mehr Informationen  

Cannabis-Future - Der Wandel in der Cannabispolitik in Deutschland Fachkongress am 24. Juni 2022 in Berlin und online. Mehr Informationen und Anmeldung

Deutscher Suchtkongress 2022 „Neue Wege in Behandlung, Prävention und Forschung“ vom 7. bis 9. September 2022 in München Mehr Informationen

Save the Date: Jahrestagung von SUCHT.HAMBURG zum Thema „Computerspielsucht und internetbezogene Störungen“ am 16. November

 Gremien von SUCHT.HAMBURG

AK Sucht.Jugend 15. Juni 2022

AK Kinder von suchtbelasteten Eltern 20. Juni 2022

FASD-Netzwerktreffen 24. August 2022

AK Vielfalt 25. August 2022

AK Enter 21. September 2022

Die Termine unserer Gremien finden Sie stets aktuell auch unter www.sucht-hamburg.de/information/termine

Kontakt

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Information.Prävention.
Hilfe.Netzwerk.

Repsoldstr. 4
20097 Hamburg
Fon: 040 284 99 18-0
service@sucht-hamburg.de
www.sucht-hamburg.de

Ansprechpartnerin

Christiane Lieb
(Geschäftsführerin)