Liebe*r Leser*in,

plötzlich ging es ganz schnell und das „Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken“ lag in vielen E-Mailpostfächern. Wenige Tage zuvor waren schon einige Informationen geleakt worden, die, wie auch das vorgelegte Eckpunktepapier belegen, dass sich die Bundesrepublik endlich auf den Weg zu einer neuen Sucht- und Drogenpolitik gemacht hat. Sicherlich sind aus suchtpräventiver nicht alle Vorschläge ausreichend oder wünschenswert und in den nun anstehenden Diskussions- und Aushandlungsprozessen werden wir sicherlich noch einige Veränderungen debattieren. Ich bin - wie viele andere Kolleg*innen - sehr gespannt und wir schauen diesbezüglich sehr aufmerksam Richtung Brüssel, von wo die richtungsweisende rechtliche Einschätzung bzgl. einer möglichen Umsetzung erwartet wird.

In unserer letzten Ausgabe 2022 von Mittelpunkt erwartet Sie ein kurzer Bericht unserer Jahrestagung und wie gewohnt Neuigkeiten zu aktuellen Studien, Berichten, Materialien, Veranstaltungen und Terminen in Hamburg und darüber hinaus.

Ich bedanke mich für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit und freue mich, auch im kommenden Jahr wieder mit Ihnen gemeinsam für die Anliegen der Suchtkrankenhilfe und Suchtvorbeugung aktiv zu sein.

Mit freundlichem Gruß

Christiane Lieb

Geschäftsführerin SUCHT.HAMBURG

 

Dokumentation der Jahrestagung ENTER. CONTROL. EXIT. – Internetbezogene Störungen in der Diskussion am 16. November

Internetbezogene Störungen standen vor dem Hintergrund der aktuellen Prävalenzentwicklungen im Mittelpunkt unserer Jahrestagung am 16. November, die von Staatsrätin Melanie Schlotzhauer eröffnet wurde.

Die Tagung starte mit einem Vortrag von Prof. Dr. Hans-Jürgen Rumpf (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universität Lübeck) über „Internetbezogene Störungen“, der die Grenze zwischen einem ausgewogenen Gebrauch des Internets und einer suchtartigen Nutzung aufzeigte. Da sich eine exzessive Nutzung des Internets auf verschiedene Formen der Nutzung von Social Media oder Computerspielen beziehen kann, sind die Bezeichnungen für dieses Phänomen teilweise nicht einheitlich und sehr vielfältig, so Prof. Dr. Rumpf weiter. Er plädierte daher für eine vereinheitlichende Bezeichnung als „Internetnutzungsstörung“ für Probleme aufgrund von Verhaltensweisen, die überwiegend online ausgeführt werden. Dies soll gleichzeitig auch Stigmatisierungen von Betroffenen aufgrund des Suchtbegriffs entgegenwirken.

Prof. Dr. Florian Rehbein (Fachhochschule Münster) ging in seinem Vortrag auf die Bedeutung der Computerspielenutzung und den aktuellen Stand der Suchtprävention ein. Historisch einmalig sei der Gebrauch von Computerspielen bereits im Vorschulalter, so Prof. Dr. Rehbein. Aktuell spiegeln jedoch die Alterskennzeichnung und somit auch der Jugendschutz von Spielen nicht ihr Suchtrisiko für Spieler*innen wider. Das sollte geändert werden. Doch nicht nur hier sieht Prof. Dr. Rehbein Handlungsbedarf, sondern u. a. auch in den Bereichen Früherkennung und Verhältnisprävention.

Dr. Bernd Sobottka (MEDIAN Klinik Schweriner See) gab in seinem Beitrag Einblicke in den klinischen Alltag bei der Behandlung und Therapie von erwachsenen Computerspieler*innen. Der überwiegende Teil der Menschen, die sich wegen einer Computerspielstörung in Therapie befinden, seien jüngere Männer, so Dr. Sobottka. Die ersten beiden Wochen der stationären Behandlung seien meist eine kritische Phase, sobald diese überstanden sei, sind die Chancen die Therapie regulär und mit Erfolg abzuschließen gut, so Dr. Sobottka. Mit der entsprechenden Nachsorge in ambulanten Suchtberatungsstellen und Suchtselbsthilfegruppen kann ein Großteil der Computerspieler*innen nach der Therapie einen kompetenten und stabilen Umgang mit dem Computer und dem Internet beibehalten.

Nach den Impulsvorträgen hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich in insgesamt sechs themenspezifischen Workshops auszutauschen und Aspekte der Internetnutzungsstörung weiter zu vertiefen. Unter anderem ging es dabei um Konvergenzen im Bereich Gaming und Gambling, den Einsatz digitaler Medien in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, die Behandlung von Jugendlichen bei Computerspielsucht, die Selbstdarstellung und Selbstwahrnehmung in Social Media, die Begleitung von Jugendlichen auf dem Weg in die Medienmündigkeit sowie Einblicke in aktuelle Gaming-Trends. Die Zusammenfassung der Workshops können Sie hier herunterladen.

Im Abschlussvortrag „Internetpornografie – von der Normalisierung zur Diagnose“ stellte Dietrich Riesen (return Fachstelle Mediensucht Hannover) dar, dass der Konsum von pornographischen Inhalten lange Zeit verharmlost und tabuisiert wurde. Die Einführung der Diagnose „Pornografienutzungsstörung“ führt nun zu einem Wandel. Mehr und mehr Menschen suchen aufgrund ihres exzessiven Pornokonsums Hilfe in Beratungsstellen, auch in Hamburg. Der leichte Zugang und die Anonymität zur digitalen Sexualität trägt dazu bei, dass vermehrt Pornos konsumiert werden, so Dietrich Riesen. In der Behandlung liegt der Fokus auf Reflexion, Grenzen setzen und Alternativen aufzeigen. Es gilt sich diesem Thema weiterhin stärker zu öffnen, sowohl in der Suchthilfe als auch in der Politik.

Internetnutzungsstörungen haben sich unter den Suchterkrankungen als eigenständiges Krankheitsbild etabliert. Die Erkrankung muss je nach Ausprägung differenziert betrachtet und behandelt werden. Dazu müssen in Zukunft noch stärker die Mechanismen, die mit einer Suchtentwicklung im Zusammenhang stehen, in Betracht gezogen werden. Die Fachtagung machte aber auch deutlich, dass die Anbieter*innen zum Beispiel von Computerspielen noch stärker in die Verantwortung genommen werden müssen, um diese Mechanismen zu entschärfen.

Die Vorträge können Sie auf unserer Webseite hier https://www.sucht-hamburg.de/information/aktuelles/414-dokumentation-der-jahrestagung-enter-exit-control herunterladen oder auf unserem YouTube-Kanal ansehen.

 

25. Jahresbericht und Basisdaten zur Suchthilfe in Hamburg veröffentlicht

Am 6. Dezember wurde der nunmehr 25. Jahresbericht mit den Basisdaten der ambulanten Suchthilfe (BADO) für das Jahr 2021 veröffentlicht.

Im Jahr 2021 wurden in den 58 Hamburger Suchthilfeeinrichtungen insgesamt 14.281 verschiedene Personen beraten und betreut. 12.696 Personen kamen mit einer eigenen Suchtproblematik, etwa 1.600 Personen als Angehörige in die Suchtberatung.

Rund 30% aller Klient*innen suchten aufgrund einer Alkoholproblematik Hilfe und Unterstützung, knapp ein Viertel konsumierten Opioide, etwa jede fünfte Person Cannabis und jede achte Person konsumierte Kokain. 3 % der Hilfesuchenden gaben als Hauptproblem eine Glücksspielsucht an.

Interessant ist Beobachtung, dass die Gesamtzahl der Betreuungen in der Suchthilfe in Hamburg tendenziell sinkt. Dies sei, so BADO e.V., nur bedingt auf die pandemiebedingten Entwicklungen zurückzuführen. So wurden in 2021 10.546 Betreuungen für Klient*innen mit eigenständiger Suchtproblematik neu begonnen. Dies waren 966 weniger Betreuungen als im Mittel der Jahre 2016 bis 2019. Dieser Rückgang ist nicht zuletzt auch auf Änderungen u.a. in den zur Verfügung stehenden Personalressourcen zu sehen.

Schwerpunktthema der diesjährigen BADO sind die psychischen Belastungen suchtkranker Menschen. So kommt die BADO zu dem Ergebnis, dass 47 % der Hilfesuchenden einer erheblichen bis extremen psychischen Belastung ausgesetzt sind. Die Cannabiskonsumierenden zeigen hier mit einem Anteil von 39 % den geringsten Anteil, die Gruppe der Glücksspielabhängigen haben mit einem Anteil von 54 % die höchste Ausprägung. Quelle und alle weiteren Informationen unter http://bado.de/publikationen/2022/12/statusbericht-2021/, letzter Zugriff am 9.12.2022

 

suchtberatung.digital – Auch Hamburg beteiligt sich an der Modellphase

Wer eine Sucht entwickelt hat, sollte sich möglichst früh Hilfe holen. Viele greifen allerdings erst spät zur Hilfe durch Fachleute. Kostenfrei und anonym gibt es künftig Suchthilfe im Internet mit der bundesweit verfügbaren Plattform suchtberatung.digital.

Das Beratungsangebot www.suchtberatung.digital ist direkt über den Internetbrowser auf allen mobilen Endgeräten nutzbar, es wird keine App oder Software benötigt. Über die Eingabe von Postleitzahl, Alter und Geschlecht gelangen die Hilfesuchenden zu ihrem passgenauen Beratungsangebot. Bundesweit beteiligen sich derzeit 14 Bundesländer mit insgesamt 40 Beratungsstellen. In Hamburg sind die Suchtberatungsstellen Frauenperspektiven e.V., jhj Hamburg e.V. und jugend.drogen.beratung.kö bei der Modellphase bis 2023 dabei. Damit wurden bewusst drei sehr verschiedene Angebote auch für Frauen und junge Menschen ausgewählt, sodass im Rahmen der Online-Beratung eine breite Zielgruppe angesprochen werden kann.

Quelle und weitere Informationen unter https://www.hamburg.de/pressearchiv-fhh/16586818/2022-10-17-sozialbehoerde-digitale-suchtberatung/, letzter Zugriff am 9.12.2022

 

Weitere Neuigkeiten und Materialien

Epidemiologische Fact Sheets von SUCHT.HAMBURG

Zur schnellen, systematischen und komprimierten Übersicht stehen ab sofort themenspezifische Übersichten zu den gängigsten Konsumprävalenzen der Jugendlichen in Hamburg aus unserer aktuellen der SCHULBUS-Studie zur Verfügung. Sie finden die Fact Sheets zu Alkohol, Rauchen, Cannabis, andere illegale Drogen, Internet- und Computerspielnutzung, Glücksspiel und Essstörungen ab sofort auf unserer Webseite unter Publikationen.

Aktualisierung der „Qualitätsstandards in der betrieblichen Suchtprävention und Suchthilfe“ erschienen

Das „Standardwerk“ der betrieblichen Suchtprävention ist von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) kürzlich grundlegend aktualisiert und neu aufgelegt worden. Ziel der Publikation ist es, den Beteiligten ein fachlich und rechtlich abgestimmtes Konzept als Handreichung für die betriebliche Praxis zu liefern. Es kann für Betriebe aller Größenordnungen herangezogen werden, um das eigene Angebot zum einen am Bedarf anzupassen und zum anderen an aktuellen Standards auszurichten. Das Heft kann aktuell hier als PDF kostenfrei abgerufen werden.

Reitox Jahresbericht für Deutschland 2022

Frisch erschienen ist auch der Reitox-Jahresbericht für Deutschland. Neben aktuellen Konsumprävalenzen von Erwachsenen in Deutschland, informiert der Reitox-Bericht über aktuelle Entwicklungen in den Bereichen Prävention, Beratung, Behandlung, Schadensminderung und Angebotsbekämpfung zur Verbreitung illegaler Drogen in Deutschland.

Der Bericht der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) erscheint jährlich und fasst als Teil des Europäischen Drogenbeobachtungssystems die Situation illegaler Drogen in Deutschland zusammen. Weitere Informationen zum Thema, das Factsheet zu Cannabis sowie den vollständigen Bericht finden Sie unter www.dbdd.de. (Quelle: https://www.dbdd.de/fileadmin/user_upload_dbdd/05_Publikationen/PDFs/REITOX_BERICHT_2022/2022_Pressemitteilung_Reitox.pdf, letzter Zugriff 9.12.2022)

9. Alternativer Drogen- und Suchtbericht erschienen

Ende November ist der bereits 9. Alternative Drogen- und Suchtbericht 2022 mit dem Schwerpunktthema Legalisierung von Cannabis erschienen. Im Bericht stellen international anerkannte Expert*innen in kurzen Beiträge Möglichkeiten, Erfordernisse und auch Risiken der Legalisierung dar. Dabei werden praktische Erfahrungen und wissenschaftliche Erkenntnisse aus Europa berücksichtigt, die die Debatte um die geplante Legalisierung von Cannabis in Deutschland ergänzen. Quelle und weitere Informationen unter https://alternativer-drogenbericht.de/9-alternativer-drogen-und-suchtb-ericht-2022/, letzter Zugriff 9.12.2022

Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken

Ende Oktober wurde von Bundesgesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach im Rahmen der Bundespressekonferenz das Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken vorgestellt. Die wichtigsten benannten gesetzlichen Veränderungen sind: Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) werden künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft, Produktion, Lieferung und Vertrieb werden innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens zugelassen, Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum werden straffrei ermöglicht und privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt, laufende Ermittlungs- und Strafverfahren sollen zu dann nicht mehr strafbaren Handlungen beendet werden, der Vertrieb darf mit Alterskontrolle in lizenzierten Fachgeschäften und ggf. Apotheken erfolgen, Werbung für Cannabisprodukte wird untersagt, als Mindestaltersgrenze für Verkauf und Erwerb wird die Vollendung des 18. Lebensjahres, cannabisbezogene Aufklärungs- und Präventionsarbeit sowie zielgruppenspezifische Beratungs- und Behandlungsangebote werden weiterentwickelt. Das vollständige Eckpunktepapier können Sie hier herunterladen. Quelle und weitere Informationen: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/kontrollierte-abgabe-von-cannabis-eckpunktepapier-der-bundesregierung-liegt-vor.html, letzter Zugriff 12.12.22

Ausgewählte Fortbildungsangebote in Hamburg

Body2Brain CCM® Level I - Aufbaukurs am 23. Januar 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Grundlagen der Suchtprävention II – Aufbau-Webseminar am 27. Januar 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Persönlichkeitsstörungen - Hintergründe, Erklärungsmodelle, Forschungsergebnisse, Versorgungssituation am 9. Februar 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Rassismuskritische Beratung - Rassismus und intersektionale Diskriminierung: Erkennen, Handeln, Reflektieren am 16. Februar 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Heikle Themen ansprechen – Veränderung ermöglichen Kita-MOVE – Motivierende Kurzintervention im Elterngespräch 3-tägige Veranstaltung 3-tägige Veranstaltung am 20.März, 27.März und 3.April 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Cannabis, ein Thema jugendlicher Mädchen? Information - Beratung - Prävention am 30. März 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

TOM & LISA - Schulung 2023 zu Moderator*innen in Hamburg am 31. März 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Termine

107. Wissenschaftliche Jahrestagung des bus. Bundesverband Suchthilfe e.V. „Suchthilfe: komplex und konsequent kompetent - Aktuelle Entwicklungen in Beratung und Therapie“ am 22. und 23. März in Berlin Mehr Informationen

Save the Date: 27. Suchttherapietage „Auswirkungen von Krisen auf Suchthilfe und Prävention“ vom 15. bis 17. Mai 2023 in Hamburg Mehr Informationen

44. fdr+sucht+kongress „Entstigmatisierung in der Suchtprävention, Suchthilfe und Suchtselbsthilfe” am 22. und 23. Mai 2023 im Leonardo Hotel in Weimar Mehr Informationen

34. Suchtkongress des Fachverband Sucht+ „Medizinische Rehabilitation – fit für die Zukunft? Neue Rahmenbedingungen, neue Wege“ vom 12. bis 14. Juni 2023 in Münster Mehr Informationen

Gremien von SUCHT.HAMBURG

AK Sucht.Jugend 14. Dezember

AK Vielfalt 2. Februar 2023

AK Kinder von suchtbelasteten Eltern 6. Februar 2023

AK Enter 23. Februar 2023

FASD-Netzwerktreffen 22. März 2023

Die Termine unserer Gremien finden Sie stets aktuell auch unter www.sucht-hamburg.de/information/termine

Mittwoch 10. November 2022

Am 10. November 2022 wird der dritte Aktionstag Suchberatung stattfinden. Die DHS plant und koordiniert den Aktionstag Suchtberatung gemeinsam mit ihren Mitgliedsverbänden.

Ziel ist es, Suchtberatungsstellen und Politik in den Kommunen miteinander in einen Dialog zu bringen. Mehr Informationen unter www.dhs.de

Liebe*r Leser*in,

in den vergangenen Wochen hat sich einiges getan: die Aktionswoche Alkohol fand im Mai bundesweit und größtenteils mit Präsenzveranstaltungen statt, immer mehr Tagungen fanden und finden ebenso wieder Face-to-Face statt und auch wir planen unsere Jahrestagung im November 2022 in Präsenz. Insbesondere suchtpolitisch ist einiges in Bewegung: Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht Themen wie regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene, Drug-Checking oder die Folgen der Corona-Krise auf unser Konsum- und Suchtverhalten diskutiert werden.
Ich freue mich Ihnen, rechtzeitig bevor es für viele in die wohlverdiente Sommerpause geht, mit der 22. Ausgabe von Mittelpunkt aktuelle Informationen zu den Entwicklungen im Suchthilfesystem, Projekten, Materialien und Veranstaltungshinweise in Hamburg und darüber hinaus zur Verfügung stellen zu können und wünsche anregende Lektüre.

Mit freundlichem Gruß

Christiane Lieb

Geschäftsführerin SUCHT.HAMBURG

Aktionswoche Alkohol 2022 in Hamburg – Kinderbuchlesung „Dani und die Dosenmonster“

Im Rahmen der bundesweiten Aktionswoche Alkohol fand am 16. Mai 2022 unsere Kinderbuchlesung „Dani und die Dosenmonster in Kooperation mit den Bücherhallen Hamburg in der Zentralbibliothek am Hühnerposten statt. Die Autorin Paula Kuitunen las aus ihrem Buch „Dani und die Dosenmonster“: Als Danis Papa arbeitslos wird, ziehen kurz darauf komische Gestalten in die Wohnung ein: Dosenmonster. Je mehr Papa trinkt, desto mehr fehlt ihm die Energie, sich um seinen Sohn zu kümmern. So sehr Dani sich auch bemüht – alleine schafft er es nicht, die Dosenmonster zu vertreiben. Zum Glück weiß Tante Julia, was zu tun ist, so die Geschichte von Danis Familie.
Im Anschluss an die Lesung gab es zahlreiche Fragen an die Autorin und es fand ein reger Austausch zur Thematik Suchtbelastung in der Familie statt. Zusätzlich waren Kolleg*innen der Einrichtungen Kompaß – Beratung für Kinder und Jugendliche alkoholabhängiger Eltern und Such(t)- und Wendepunkt e.V. vor Ort und informierten über ihre Unterstützungsangebote für alkoholbelastete Familien in Hamburg.

Zahl der Alkoholvergiftungen in Deutschland deutlich gesunken

Die Zahl der Patient*innen, die in den deutschen Krankenhäusern wegen einer akuten Alkoholintoxikation vollstationär behandelt werden mussten, ist im Corona-Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgegangen. Das gilt sowohl für Hamburg (-24,0%) als auch auf der Bundesebene (-23,8%). Laut Krankenhausdiagnosestatistik des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind es vor allem die 10- bis unter 20-jährigen, die in Folge eines exzessiven Alkoholkonsums in den Kliniken eingeliefert werden.
Um die in den Krankenhäusern behandelten Fallzahlen zu den alkoholintoxikierten Patient*innen nach Berichtsjahr, Alter, Geschlecht und Wohnsitz in Deutschland sinnvoll miteinander vergleichen und interpretieren zu können, werden sie durch das Statistische Bundesamt auf die Referenzgröße von je 100.000 Einwohner*innen der jeweiligen Subgruppen heruntergebrochen. In der Gesamtschau dieser Daten, die nunmehr bis einschließlich 2020 vorliegen, ergibt sich folgendes Lagebild: Das Problem des übermäßigen Alkoholkonsums, infolge dessen eine vollstationäre Behandlung im Krankenhaus notwendig wird, ist vor allem ein Phänomen, das bei 15- bis 19-jährigen Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu beobachten ist. Innerhalb dieser Altersgruppe stechen besonders die 16- bis 17-Jährigen hervor: Sie sind diejenigen, die am häufigsten wegen einer akuten Alkoholvergiftung vollstationär behandelt werden müssen. Unabhängig vom Alter der alkoholintoxikierten Jugendlichen ist der überwiegende Teil von ihnen männlichen Geschlechts.
In 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie, sind die Patient*innenzahlen unabhängig vom Alter, Geschlecht und Wohnsitz der Betroffenen nochmals deutlich zurückgegangen. Dass allerdings die Zahlen in der Corona-Pandemie besonders bei den Jugendlichen stark rückläufig sind, zeigt einmal mehr, dass das von ihnen praktizierte Experimentierverhalten in Bezug auf den Umgang mit Alkohol überwiegend in der Peergroup erfolgt. Durch die teilweise sehr weitreichenden Kontaktbeschränkungen als Schutzmaßnahme gegen die Ausweitung der Corona-Pandemie waren auch die Gelegenheiten des gemeinschaftlich exzessiven Alkoholkonsums für die Jugendlichen sehr stark eingeschränkt, so dass sich damit das Risiko einer Alkoholvergiftung systematisch verringerte. Ein allgemeiner Anstieg der Alkoholintoxikationen ist nach Ende der coronabedingten Kontakteinschränkungen nicht auszuschließen. Die Auswertung der akuten Alkoholintoxikation, die vollstationär behandelt werden müssen finden sich unter www.sucht-hamburg.de/information/publikationen.

Gemeinsames Positionspapier „Suchtprävention in Krisenzeiten“

Die suchtmedizinischen Fachgesellschaften und die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) fordern im Positionspapier „Handeln jetzt! Akute Krisen sind Zeiten von Suchtprävention, Beratung und Therapie – um langfristige Folgen zu mindern“, dass Suchtprävention, Selbsthilfe, Beratung und effektive Behandlung trotz aktueller finanzieller Herausforderung für Kommunen, Länder und Bund gestärkt werden müssen. Keinesfalls dürften Einsparungen in öffentlichen Haushalten dazu führen, dass Angebote für Menschen mit Suchtproblemen zurückgefahren oder eingestellt werden müssten, so die Fachgesellschaften.
Hintergrund des Positionspapiers ist zudem, dass in gesellschaftlichen und individuellen Krisenlagen davon ausgegangen werden muss, dass bestimmte, oft besonders betroffene Bevölkerungsgruppen, ihren Suchtmittel-, Glücksspiel- oder digitalen Medienkonsum erhöhen. Ohne Beratung in einem frühen Stadium und Therapie muss mit einer Entwicklung und Chronifizierung von Sucht- und Folgeerkrankungen gerechnet werden, die zu massiven medizinischen, psychosozialen und volkswirtschaftlichen Folgen führen. Neben der dringenden Notwendigkeit, Menschen in der Krise in Bezug auf psychosoziale Gesundheit, Arbeit, Unterbringung und Integration zu unterstützen, werden drei zentrale Forderungen gestellt:

  1. Umsetzung wirksamer präventiver Angebote die verhindern, dass Menschen in der aktuellen Krise vermehrt oder schädlich Substanzkonsum betreiben oder Verhaltenssüchte entwickeln.
  2. Vorhalten niedrigschwelliger Angebote zur frühen Beratung und Maßnahmen, die Veränderungen im Verhalten identifizieren lassen und passgenaue Hilfen in einem Frühstadium oder nach einer erfolgten Therapie anbieten. Die Kommunen müssen finanziell in die Lage versetzt werden, die o.g. Angebote durchführen und sicherstellen zu können.
  3. Einsatz therapeutischer Maßnahmen, die effektive Hilfe bei neu auftretenden Suchterkrankungen ermöglichen, Verschlechterungen verhindern und Rückfällen vorbeugen.

Quelle und weitere Informationen https://suchthilfe.de/stellungnahmen/04-05-2022-gemeinsames-positionspapier-der-suchtmedizinischen-fachgesellschaften-und-der-dhs-handeln-jetzt-suchtpraevention-in-krisenzeiten/

Weitere Neuigkeiten und Materialien

Lina-Net-Jahrestreffen 2022

Am 21. September findet von 14.00 bis 17.00 Uhr das nächste Lina-net-Jahrestreffen statt. Die Lina-net-Kooperationspartner*innen sind dieses Jahr zu Gast bei Such(t)- und Wendepunkt e.V. (www.suchtundwendepunkt.de). Diese Einrichtung bietet hamburgweit vielfältige Unterstützungsangebote für alkoholbelastete Familien an. Beim Jahrestreffen wird das Team von Such(t)- und Wendepunkt seine Arbeit vorstellen. Daneben ist Zeit für Austausch und Vernetzung. Anmeldemöglichkeiten finden sich auf der Fortbildungswiese unter www.suchtpraevention-fortbildung.de/veranstaltung/1000.

Das vierte Jahr infolge ist die Zahl der an Drogen verstorbenen Menschen angestiegen

In 2021 starben 1.826 Menschen am Konsum oder den Folgen des Konsums von illegalen Drogen und damit ca. 15% mehr Menschen, als im Jahr 2020. Haupttodesursachen waren der Gebrauch von Heroin und anderen Opioiden alleine oder in Verbindung mit anderen Stoffen. Der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert nannte die Zahlen „schockierend“. Ein „Weiter so“ in der deutschen Drogenpolitik sei nicht möglich. Hilfe, Behandlung und Beratung müssten schneller und direkter bei den Menschen ankommen. (Quelle: https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/presse/detail/1826-maenner-und-frauen-in-deutschland-2021-an-illegalen-drogen-verstorben-zahl-erneut-gestiegen/)

Jahrbuch Sucht 2022 ist erschienen

Am 26. April ist das Jahrbuch Sucht 2022 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. erschienen. Neben der umfassenden Datensammlung, -aufbereitung, -analyse und -interpretation zur Epidemiologie und Behandlung von Suchterkrankungen befasst sich die aktuelle Ausgabe des jährlich erscheinenden Standardwerks unter anderem mit Sucht und Suchtmittelkonsum unter Corona-Bedingungen. Mehr Informationen

NALtrain

Im Rahmen des Projekts NALtrain (Naloxon-Training) konnten trotz der Einschränkungen durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie in inzwischen 15 Trainings ca. 185 Mitarbeitende aus ca. 60 Einrichtungen qualifiziert werden. In den Trainings werden Mitarbeiter*innen der Einrichtungen ausgebildet, die dann als Multiplikator*innen in ihren Einrichtungen Schulungen für Klient*innen und Kolleg*innen durchführen.
NALtrain wird auch in Haftanstalten angeboten: In Nordrhein-Westfalen startet ein Modellprojekt in fünf Haftanstalten (inkl. Mitgabe von Naloxon bei Haftentlassung). In Baden-Württemberg wird ebenfalls mit Trainings in JVAs begonnen und in Bayern sollen die JVAs Take-Home-Naloxon-Trainings anbieten und Naloxon – Mitgabe ermöglichen. Trainings in Haft können sowohl durch Personal der JVAs durchgeführt werden, als auch durch externe Suchtberatungsstellen. Quelle und mehr Informationen unter www.naloxontraining.de

Cannabis in der Schwangerschaft stört emotionale Entwicklung des Kindes

Mit der Legalisierung von Cannabis in den USA hat der Cannabiskonsum in der Schwangerschaft deutlich zugenommen. In einer Studie konnte nun festgestellt werden, dass die Kinder von Frauen, die während der Schwangerschaft Cannabis rauchten, im Alter von drei bis sechs Jahren häufiger ein ängstliches Verhalten aufwiesen, was den Autor*innen der Studie zufolge möglicherweise Folge eines erhöhten Stresshormonlevels ist. Die Kinder der Frauen, die Cannabis während der Schwangerschaft konsumiert haben, wiesen erhöhte Cortisolkonzentrationen in den Haarproben auf, was ein Hinweis auf ein erhöhtes Stresslevel ist.
Cannabis wird von schwangeren Frauen z.T. als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen in der Frühschwangerschaft genutzt. Dabei ahnen die Frauen häufig nicht, das Tetrahydrocannabinol (THC) über die Plazenta in den Kreislauf des Kindes gelangt.
Link zum Forschungsbeitrag: https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2106115118

Elternratgeber Digitale Medien und Pubertät

Um Eltern bei Fragen rund um das Thema digitale Medien und Pubertät zu unterstützen, hat SUCHT.HAMBURG in Kooperation mit der Landesvertretung Hamburg der Techniker Krankenkasse den Elternratgeber „Digitale Medien und Pubertät“ entwickelt. Er gibt einen Einblick in die digitale Lebenswelt von Jugendlichen, weist auf Warnsignale bei Kindern und Jugendlichen hin und zeigt Eltern, ab wann die Mediennutzung zum Problem wird. Daneben gibt der Ratgeber auch praktische Tipps für den Familienalltag an die Hand und unterstützt sie bei der Medienerziehung zuhause. Der neue Ratgeber ist in unserem Webshop abrufbar.

 Ausgewählte Fortbildungsangebote in Hamburg

Konsum 3.0 - Images von Alkohol und illegalen Drogen im Internet. Webseminar am 13. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Grundlagen der Suchtprävention I – Basis-Webseminar am 16. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Schöner, schlanker, selbstbewusster - Selbstoptimierung von jungen Frauen in sozialen Medien. Webseminar am 22. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Motivational Interviewing - Schlüssel zur Entwicklung von Veränderungsbereitschaft und Commitment am 30. Juni Mehr Informationen und Anmeldung

Eigenständig werden: Unterrichtsprogramm für die Jahrgangsstufen 5 und 6 am 24. August Mehr Informationen und Anmeldung

Termine

Suchttherapietage „Warum erreichen wir die Zielgruppen nicht: Unpassende Angebote oder Krankheitsimmanent?“ online vom 7. bis 9. Juni 2022 Mehr Informationen

3. Suchtkongress des Fachverband Sucht vom 22. bis 24. Juni 2022 in Münster: „Suchttherapie am Puls der Zeit“ – Konsumformen und Behandlungspfade im Wandel. Mehr Informationen  

Cannabis-Future - Der Wandel in der Cannabispolitik in Deutschland Fachkongress am 24. Juni 2022 in Berlin und online. Mehr Informationen und Anmeldung

Deutscher Suchtkongress 2022 „Neue Wege in Behandlung, Prävention und Forschung“ vom 7. bis 9. September 2022 in München Mehr Informationen

Save the Date: Jahrestagung von SUCHT.HAMBURG zum Thema „Computerspielsucht und internetbezogene Störungen“ am 16. November

 Gremien von SUCHT.HAMBURG

AK Sucht.Jugend 15. Juni 2022

AK Kinder von suchtbelasteten Eltern 20. Juni 2022

FASD-Netzwerktreffen 24. August 2022

AK Vielfalt 25. August 2022

AK Enter 21. September 2022

Die Termine unserer Gremien finden Sie stets aktuell auch unter www.sucht-hamburg.de/information/termine

Liebe*r Leser*in,

vor zwei Wochen wurden die Ergebnisse unserer aktuellen Schüler*innen- und Lehrkräftebefragung zum Umgang mit Suchtmitteln 2021 in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Hamburger Gesundheitssenatorin Dr. Melanie Leonhard vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass der Substanzkonsum unter Hamburger wie auch Bremer Schüler*innen seit der letzten Befragungen insgesamt zurückgegangen ist. Angestiegen ist jedoch der Anteil der Jugendlichen, die einen problematischen Substanzgebrauch aufweisen. D.h. im Bereich der selektiven Suchtprävention, die sich an Risikogruppen wie etwa konsumierende Jugendliche richtet, konnten die bisherigen Maßnahmen offenbar noch nicht grundlegend zu einer Umkehrung des Trends der letzten Jahre beitragen.

Weiterhin stark im Trend liegen bei Jugendlichen ebenfalls Probleme im Zusammenhang mit Internetbezogenen Störungen. Fast jede*r fünfte Jugendliche weist einen problematischen Umgang mit dem Internet bzw. Computerspielen auf. Diese Entwicklung ist durch die Einschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie in den letzten beiden Jahren offenbar noch forciert worden.

Internetbezogene Störungen bei Jugendlichen, aber vor allem auch Erwachsenen werden das Thema unserer Jahrestagung am 16. November sein, zu der wir Sie herzlich einladen. Ausführliche Informationen dazu wie auch viele weitere Informationen aus dem Suchthilfesystem, Projekten, Materialien und Veranstaltungshinweise in Hamburg und darüber hinaus finden Sie in dieser Newsletterausgabe. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.

Mit freundlichem Gruß

Christiane Lieb

Geschäftsführerin SUCHT.HAMBURG

SCHULBUS-Studie 2021/22: Jugendlicher Suchtmittelkonsum in Pandemie-Zeiten geht zurück, doch Verhaltenssüchte nehmen zu.

Die Verbreitung des Konsums von Alkohol, Tabak und Cannabisprodukten unter Jugendlichen ist weiterhin rückläufig. Das gilt trotz der schwierigen Zeiten der Corona-Pandemie, die auch und vor allem für die jüngere Generation eine besondere Belastung war. Das geht aus den Ergebnissen unserer aktuellen Schüler*innen- und Lehrkräftebefragung zum Umgang mit Suchtmitteln – SCHULBUS hervor, die 2021 in den beiden Hansestädten Hamburg und Bremen repräsentativ durchgeführt wurden.

Zwar sind auf der einen Seite weniger Jugendliche als in den Vorjahren in den Gebrauch von Suchtmitteln eingestiegen. Doch kam es auf der anderen Seite bei den Jugendlichen mit bereits etablierten Konsummustern in dieser Zeit zum Teil zu einer Intensivierung ihres bisherigen Gebrauchs.

Im Vergleich zu den vorherigen Erhebungen nochmals stark zugenommen haben die Zahlen zur Entwicklung der freizeitorientierten Internetnutzung: Der Anteil der 14- bis 17-Jährigen, die gemäß der Compulsive Internet Use Scale (CIUS) ein entsprechend problematisches Nutzungsverhalten aufweisen, ist auf rund 20% angestiegen. Und auch in Bezug auf die selbstkritische Körperwahrnehmung geben die Untersuchungsergebnisse durchaus Anlass, dieses Thema verstärkt in den Blick zu nehmen: Gut zwei Fünftel der Befragten klagen über regelmäßige Stimmungsschwankungen wegen des eigenen Körpergewichts und gut ein Drittel der Studienteilnehmer*innen schaut auf mindestens eine Diät in den vergangenen 12 Monaten zurück.

In der aktuellen Studie wurde auch den besonderen Umständen der Corona-Pandemie bzw. den Regelungen zu ihrer Bekämpfung durch einige zusätzliche Fragen entsprechend Rechnung getragen. Erwartungsgemäß haben die seinerzeit geltenden Kontaktbeschränkungen, der ungewöhnlich hohe Unterrichtsausfall und die bis dahin kaum erprobten Ansätze des Homeschoolings zu enormen Belastungen bei den betroffenen Schüler*innen geführt.

Für die SCHULBUS-Studie 2021 wurden nicht nur rund 4.000 Schüler*innen, sondern auch mehr als 300 Lehrkräfte sowie erstmals auch gut 500 Eltern von Kindern im Alter von 14 bis 17 Jahren in Hamburg und Bremen befragt. Gleicht man deren Einschätzungen zur Verbreitung des jugendlichen Suchtmittelgebrauchs mit den empirisch ermittelten Prävalenzzahlen ab, dann zeigt sich, dass die Lehrerkräfte das Ausmaß des suchtgefährdenden Verhaltens unter ihren Schüler*innen quantitativ eher überschätzen, während die Eltern häufig dazu neigen, die tatsächlich vorliegenden Suchtmittelkonsumerfahrungen ihrer Kinder systematisch zu unterschätzen. Die ausführlichen Ergebnisse können Sie im SCHULBUS-Abschlussbericht unter www.sucht-hamburg.de/information/publikationen nachlesen.

Jahrestagung ENTER. CONTROL. EXIT. – Internetbezogene Störungen in der Diskussion am 16. November

Am 16. November findet unsere Jahrestagung mit dem Schwerpunkt Internetbezogene Störungen statt, zu der wir Sie herzlich einladen. Nicht zuletzt die Ergebnisse unserer aktuellen SCHULBUS-Studie 2021 zeigen, dass etwa jede*r fünfte Jugendliche einen problematischen Umgang mit dem Internet hat. Internetbezogene Störungen haben verschiedene Facetten: neben einer exzessiven Nutzung von Computerspielen zählen auch der erhöhte Konsum von Social Media und die zwanghafte Nutzung von Online-Pornographie dazu.

Vielfältig sind auch die suchtfördernden Mechanismen von digitalen Medien. Glücksspielähnliche Elemente in Computerspielen weichen die Grenze zwischen Gaming und Gambling zunehmend auf, Trends in Social Media sind ebenfalls schnelllebig und dynamisch. Diese Entwicklungen stellen die Suchtprävention und –hilfe immer wieder vor neue Herausforderungen.

Dem wird vier Fachvorträgen und zwei Workshopsessions mit insgesamt acht Workshops Rechnung getragen, die Einblicke in die stationäre Behandlung bei Computerspielsucht oder zu Überschneidungen der Bereich Gaming und Gambling geben. Im weiteren können Best-practice-Beispiele zur Suchtprävention und –hilfe bei internetbezogenen Störungen kennengelernt werden und die Teilnehmenden sich selbst aktiv in kreativen Nutzungsmöglichkeiten von Games ausprobieren.

Als Referent*innen konnten unter anderem Prof. Dr. Hans-Jürgen Rumpf, Prof. Dr. Florian Rehbein, Dr. Bernd Sobottka, Dr. Michael Dreier, Bettina Moll, Julia Günster, Steffi Görris, Benjamin Heinemann und Dietrich Riesen gewonnen werden. Das ausführliche Programm können Sie direkt hier herunterladen.

Die Tagung findet in Präsenz statt. Es gelten die zum Tagungszeitpunkt gültigen Corona-Schutz- und Hygienevorschriften. Sollte es die aktuelle Situation erfordern, findet die Tagung online via Zoom statt. Die Teilnahmegebühr wird in diesem Fall nach Möglichkeit angepasst. Die Teilnehmendenzahl ist begrenzt. Sie können sich bis zum 31. Oktober 2022 unter https://www.suchtpraevention-fortbildung.de/veranstaltung/1004 anmelden.

Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurvey 2021

Vor kurzem wurden vom Institut für Therapieforschung (IFT) die Ergebnisse des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) 2021 vorgelegt. Mit dem ESA werden bundesweit alle drei Jahre die Prävalenzwerte des Konsums von Tabak, Alkohol, illegalen Drogen und psychoaktiven Medikamenten sowie des problematischen Konsums dieser Substanzen repräsentativ erhoben.

Die Ergebnisse zeigen, Volksdroge Nr. 1 in Deutschland bleibt der Alkohol: 70,5 % der Befragten geben an, dass sie in den letzten 30-Tagen Alkohol konsumiert haben. 17,6 % weisen sogar einen problematischen Alkoholkonsum auf. Konventionelle Tabakprodukte werden von 22,7 % konsumiert, während 4,3 % angeben, E-Zigaretten und 1,3 % Tabakerhitzer zu gebrauchen.

Im Fokus der illegalen Drogen (12-Monats-Prävalenz) steht vor dem Hintergrund der Legalisierungsdebatte insbesondere der Konsum von Cannabis, das von 8,8 % der Studienteilnehmer*innen konsumiert wird, 2,5% weisen einen problematischen Cannabisgebrauch auf. Andere illegale Drogen werden deutlich seltener konsumiert, Kokain/Crack von 1,6 % und Amphetamin von 1,4 % der Befragten.

Unter Medikamenten werden Nichtopioid-Analgetika von 47,4% der Befragten am häufigsten eingenommen (12-Monats-Prävalenz). Ein problematischer Gebrauch psychoaktiver Medikamente liegt bei 5,7 % vor.

Quelle und ausführlichere Informationen https://www.esa-survey.de/publikationen/fachliteratur/fachliteratur-detailansicht/lm/konsum-psychoaktiver-substanzen-in-deutschland-ergebnisse-des-epidemiologischen-suchtsurvey-2021.html

Weitere Neuigkeiten und Materialien

Neue Infocard anlässlich des Aktionstags Glücksspielsucht 2022

Mit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags im vergangenen Jahr haben sich die Möglichkeiten von Spielsperren erweitert. Spieler*innen haben die Möglichkeit, sich bundesweit für die meisten Glücksspielangebote sperren zu lassen. Dafür ist das zentrale Sperrsystem OASIS eingerichtet worden, an das in Deutschland zugelassene Glücksspielangebote angeschlossen sind, darunter Automatenspiele, Spiele in Spielbanken, Sportwetten oder Lotterien, die häufiger als zweimal pro Woche veranstaltet werden. Auch Familienangehörige oder andere Menschen können eine Sperre beantragen. In diesen Fällen spricht man von einer Fremdsperre.

Viele betroffene Spieler*innen und auch deren Angehörigen kennen ihre Rechte häufig nicht und wissen zu wenig über die Möglichkeiten einer (befristeten oder unbefristeten) Sperre Bescheid. Daher hat SUCHT.HAMBURG gemeinsam mit der Hamburger Sozialbehörde den diesjährigen Aktionstag Glücksspielsucht am 28. September zum Anlass genommen, um verstärkt über den Spielerschutz und dabei ganz besonders auf das Thema Selbst- und Fremdsperre aufmerksam zu machen. Dafür wurde eine neue Postkarte mit dem Slogan „Mir reicht’s. Ich lasse mich sperren“ entwickelt, die über einen QR-Code zum Informationsangebot der Kampagne „Automatisch Verloren“ verlinkt. Unser neues Info-Angebot zum Thema Spielsperren finden Sie hier

25 Jahre Tabakprävention mit „Be Smart – Don’t Start“

Das Programm zur Förderung des Nichtrauchens feierte am 21. September 2022 sein 25-jähriges Jubiläum. Der bundesweite Präventionswettbewerb hat seit Programmstart rund 4,5 Millionen Schüler*innen dazu motiviert, „Nein“ zu Zigarette, Shisha und Co. zu sagen und diese Entscheidung belohnt. Anlässlich des Jubiläums fand am 21. September 2022 eine digitale Fachkonferenz statt, um Chancen, Erfolge und Herausforderungen schulischer Suchtprävention zu diskutieren. An der Tagung nahmen rund 100 Fachkräfte der Prävention und Gesundheitsförderung teil. Auf dem Programm standen Vorträge und Workshops zu schulischer Prävention, Herausforderungen durch Krisen, neue Nikotinprodukte, Perspektiven für die Präventionsarbeit und die Vision einer rauchfreien Gesellschaft. Quelle und weitere Informationen https://www.bzga.de/presse/pressemitteilungen/2022-09-21-be-smart-dont-start-programm-zur-foerderung-des-nichtrauchens-feiert-25-jaehriges-jubil/

Rauchverhalten und Passivrauchbelastung Erwachsener

Vor kurzem wurden vom Robert-Koch-Institut die Ergebnisse der Studie Gesundheit in Deutschland aktuell (GEDA 2019/2020-EHIS) zum Rauchverhalten und der Passivrauchbelastung von Erwachsenen in Deutschland vorgestellt. Die Analysestichprobe umfasst 22.708 Personen ab 18 Jahren. Die Ergebnisse der Erhebung, die vor der Corona-Pandemie durchgeführt wurde zeigen, dass 24,0 % der Frauen und 33,9 % der Männer ab 18 Jahren zumindest gelegentlich rauchen. Bei beiden Geschlechtern rauchen Erwachsene ab 65 Jahren deutlich seltener als Erwachsene in den jüngeren Altersgruppen. 4,1 % der Erwachsenen, die selbst nicht rauchen, sind täglich Passivrauchbelastung in geschlossenen Räumen ausgesetzt. Das betrifft besonders junge Erwachsene und Männer. Im Tabakkonsum und in der Passivrauchbelastung bestehen Bildungsunterschiede zuungunsten von Erwachsenen aus unteren Bildungsgruppen. Quelle: https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Focus/JHealthMonit_2022_03_Rauchen_Passivrauch_GEDA_2019_2020.html

ZEITUNG für Suchtprävention

Im August 2022 ist 56. Ausgabe unserer ZEITUNG für Suchtprävention erschienen. In der Sommerausgabe beschäftigen wir uns mit den Themen Hart am Limit (HaLT), Essstörungen und Evaluation des Basiscurriculums Jugend und Sucht. Die ZEITUNG kann in unserem Shop heruntergeladen oder bestellt werden.

 

Ausgewählte Fortbildungsangebote in Hamburg

Vielfalt in der Suchtprävention und –hilfe - Eine Einführung in diversitäts- und kultursensible Ansätze am 20. Oktober Mehr Informationen und Anmeldung

Kinder mit alkoholbelasteten Eltern stärken - Situation alkoholbelasteter Familien - Handlungs- und Anpassungsstrategien am 2. und 3. November Mehr Informationen und Anmeldung

Essstörungen im Jugendalter - Prävention und Intervention im Kontext Schule am 10. November Mehr Informationen und Anmeldung

Grundlagen der Suchtprävention I – Basis-Webseminar am 10. November Mehr Informationen und Anmeldung

Technologiebasierte Alkoholprävention - Ansätze, Wirksamkeit und Beispiele am 15. November Mehr Informationen und Anmeldung

Trauma und Sucht - Bedeutung für Kinder alkoholabhängiger Eltern am 1. Dezember Mehr Informationen und Anmeldung

Grundlagen der Suchtprävention II – Aufbau-Webseminar am 27. Januar 2023 Mehr Informationen und Anmeldung

Termine

18. Wissenschaftliches Gespräch der DG-Sucht "Lost in Transition - Versorgungslücken und deren Auswirkungen für Abhängigkeitserkrankte in Deutschland" vom 4. bis 6. Oktober in Bielefeld Mehr Informationen

61. DHS- Fachkonferenz „Die Sucht- und Drogenpolitik der Gegenwart und Zukunft“ vom 26. bis 28. Oktober in Essen Mehr Informationen

31. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Suchtmedizin e.V. „2022 Suchtmittel auf Rezept: Zwischen Entzug und Verordnung“ vom 4. bis 6. November online Mehr Informationen

Bundesweiter Aktionstag Suchtberatung 2022 „Wir sind für alle da … noch“ am 10. November Mehr Informationen

Jahrestagung von SUCHT.HAMBURG „ENTER. CONTROL. EXIT. Internetbezogene Störungen in der Diskussion“ am 16. November in Hamburg Mehr Informationen

Gremien von SUCHT.HAMBURG

AK Vielfalt 6. Oktober 2022

AK Sucht.Jugend 26. Oktober 2022

FASD-Netzwerktreffen 23. November 2022

AK Kinder von suchtbelasteten Eltern 28. November 2022

AK Enter 8. Dezember 2022

Die Termine unserer Gremien finden Sie stets aktuell auch unter www.sucht-hamburg.de/information/termine

Am 20. und 21. Mai 2021 fand die sechsten Fachtagung zur Qualität in der Suchtprävention der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erstmals online statt, deren Dokumentation nun veröffentlicht wurde. Dass auch zweitägige Konferenzen virtuell sehr gut gelingen können, belegte der überaus anregende und höchst interaktive Austausch im Rahmen der Tagung, an der 170 Personen teilnahmen. Die Tagung wurde in Kooperation mit den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein unter Federführung der Hamburger Fachstelle für Suchtfragen SUCHT.HAMBURG veranstaltet.

Eröffnet wurde die Tagung von der Hamburger Gesundheitssenatorin Dr. Melanie Leonhard, dem schleswig-holsteinischen Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg und dem kommissarischen Direktor der BZgA, Prof. Dr. Martin Dietrich. Das Tagungsprogramm war vielfältig, beginnend mit einem Impulsvortrag von Dr. Ekaterini Georgiadou und daran anschließenden Diskussionen zu aktuellen Themen und den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Suchtprävention beziehungsweise auf die Entstehung von Suchterkrankungen. Weitere Vorträge und Diskussionen am Nachmittag des 20. Mai und am Vormittag des 21. Mai wurden von insgesamt 15 überaus interessanten und lebhaften Workshops umrahmt, in denen unter anderem intensiv über die Wirksamkeit suchtpräventiver Angebote, neue Konzepte zur Prävention internetbasierter Störungen, Suchtprävention im Alter oder Cannabisprävention und zum integrierten Ansatz der Suchtprävention in den Niederlanden informiert und diskutiert wurde. Der zweite Konferenztag glänzte zudem mit einer regen Podiumsdiskussion, in der Michaela Goecke (BZgA), Prof. Dr. Reiner Hanewinkel (Institut für Therapieforschung Nord gGmbH), Andrea Hardeling (Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen e.V.), Jens Hupfeld (GKV-Spitzenverband), Gaby Kirschbaum (Bundesministerium für Gesundheit) und Knut Riemann (Schleswig-Holsteinischer Landkreistag) über die Folgen der Corona-Pandemie für die Suchtprävention und die Frage, wie diese gemeinsam bewältigt werden können, debattierten.

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